Teil 20 Delhi - Amritsar

  REISEBERICHT  2008/09  Indien   

07.03.2009
Das Leben am Nehru Park ist recht beschaulich. Seit einer Woche stehen wir jetzt auf dem Parkplatz. Den ganzen Vormittag arbeiten wir am nächsten Update für die Homepage.
Am Nachmittag spazieren wir mit Jan und Alex, unseren Stellplatznachbarn, an die Mall um Internet zu erledigen. Zum Abendessen gehen wir in unser Lieblingsrestaurant und gönnen uns eine Pizza. Die Aufregung hält sich in Grenzen, in diesen Tagen.

08.03.2009
Sonntag. Keine besonderen Vorkommnisse. Wir planen ein wenig unsere Reise nach Pakistan. Wir überlegen, ob wir morgen auf die iranische Botschaft fahren sollen. Vielleicht lieber am Dienstag, denn morgen wollen wir mit unseren Nachbarn in die Stadt fahren.
 
09.03.2009
Mit dem Bus fahren wir zum
Connaught Place. Von dort nehmen wir einen Bus zum Hauptbahnhof und besuchen in der Nähe einen Basar. Das ist eine staubige Strasse mit vielen Geschäften auf beiden Seiten. Aus den oberen Stockwerken werden wir mit Wasserbomben beworfen. Die Ladenbesitzer finden das lustig. Wir auch.
Nicht lustig finden wir, daß morgen und übermorgen schon wieder Feiertag ist. So wird das nicht's mit unserem Besuch auf der Botschaft.

10.03.2009
Meine Eltern haben uns eine Menge zum lesen mitgebracht. Heute habe ich einen der SPIEGEL komplett leer gelesen. Den verstopften Abfluss im Bad gereinigt und Geschirr gespült. Zwei Inder daran gehindert hinter den Magirus zu pinkeln und mit den französischen Nachbarn über das Reisen philosophiert. Zack - war der Tag rum.

11.03.2009
Da heute ja Feiertag ist, ist auch nur wenig auf den Strassen los. Wir nutzen die Gelegenheit für eine Fahrradtour. Grob gesagt, fahren wir einmal um den Präsidentenpalast und sehen das Regierungsvietel aus der Nähe. Einen Besuch des Internet Cafe's verschieben wir auf morgen. Denn heute haben bestimmt alle Geschäfte geschlossen.

12.03.2009
Endlich besuchen wir die
Iranische Botschaft. Wie erwartet erreichen wir nichts, sind uns nun aber zumindest sicher, daß wir nichts weiter tun können. Bevor die Referenznummer aus Teheran nicht da ist, läuft auch hier auf der Botschaft nichts. Allerdings hätte es Sinn gemacht, die Nummer schon zwei oder drei Wochen vorher zu beantragen. Da hatten wir aber noch nicht gewusst, wie die Sache funktioniert.
Aus dem Nehru Park holen wir Wasser, das für die Blumen gedacht war. Der Gärtner meint, das Wasser wäre nicht gut zum trinken. Wir machen unsere Tanks voll und versprechen ihm, uns nur damit zu waschen.

13. -15.03.2008
Warten.
Zumindest zahlt sich's aus, daß wir noch viele Filme auf dem Laptop zu schauen haben.

16.03.2009
Reifenhändler. Wir hatten ja diese super Idee auf die Hinterreifen neue Laufflächen vulkanisieren zu lassen. Jan und Alex hatten irgendwie Kontakt mit Leuten, die in Indien Wohnmobile bauen, verkaufen und vermieten. [eingentlich sollte man hier schon mißtrauisch werden]
Das Gebäude, in dem der Kontakt sein Büro haben soll existiert aber nicht. Der KP Commercial Komplex besteht aus einigen Häusern und einer gleichmäßig über das Areal verteilten Müllkippe.
Es ist grotesk. Der abscheuliche Dreck, das Chaos, überall Exkremente und der Gestank sind wiederlich. Mittendrin haben einige Geschäfte geöffnet. In Europa würde in solcher Situation das Rote Kreuz oder das THW eingreifen.
Oder wenigstens das Gesundheitsamt, damit der Verkauf von Lebensmitteln gestoppt wird. Aber hier sitzen die Leute auf einem Hocker, glotzen auf die Umgebung und warten auf Kundschaft. Unser Kontakt hat uns auch noch eine Vistenkarte gegeben um uns DA hin zu schicken. Ich würde mich so schämen.
Dann fällt einem Mann unser suchender Blick auf, und er schickt uns zu einer Strasse wo jeeede Menge großer Reifenhändler sind. Lange Rede - nach zwei Stunde finden wir den Platz und es ist 1. Montags geschlossen [sowas kennt man auch von deutschen Frisören] und 2. kann man von aussen sehen, daß da keine LKW Reifen repariert werden. Also ist alles nur Geschwätz gewesen.
Vielleicht auch ganz gut so. Möglicherweise hätte das ganze Internet über uns gelacht, wenn wir unsere Reifen hergegeben hätten um den letzten Gummi davon entfernen zu lassen.
Gegenüber der Reifenecke ist ein Einkaufszentrum. Damit der Ausflug nicht ganz umsonst gewesen sein soll, wollen wir wenigstens ein paar Vorräte bunkern. Wir parken den Deutz in der Matsche und betreten die Mall. Alles noch Baustelle, aber der Supermarkt ist schon fertig - er öffnet um 12 Uhr. OK, das ist in 15 Minuten und während wir uns darüber lustig machen, fragt uns ein Inder wo wir herkommen und die üblichen Fragen.
Auf "How is India?" antworten wir meist "Big!" [Groß] Unsere Gastgeber fühlen sich dann geschmeichelt, vermutlich denken sie wir meinen "Great!" [Wundervoll] Wir möchten höflich sein - aber nicht lügen müssen.

Nach dem Frust von heute denke ich mir 'Ehrlich geht vor Höflich' und ich sage "Indien ist so dreckig." - uns er lacht. "Warum ist das so?" frage ich und er erklärt uns dass Indien sich sehr schnell entwickelt und viele Menschen nicht so gebildet sind. Das ist natürlich Unfug. Der Wunsch im Unrat zu leben hat nichts mit mangelnder Bildung zu tun. 
Vögel kacken sich auch nicht ins eigene Nest - auch ohne Abitur .

Nachdem wir lecker Lebensmittel in dem Supermarkt eingekauft haben, fahren wir zurüch zum 'Camping Nehru Park' und laufen noch mal in unser Stamm-Internet.
Gute Neuigkeiten: Mitra von der Agentur schreibt, dass unsere Authorisationsnummer da ist : 804545
Herrlich. Das warten hat ein Ende. Jetzt geht die Arbeit los.

17.03.2008
Mit 804545 stehen wir im Diplomatenviertel und warten auf den Bus. Linie 604 oder 620 ist Ok. Die überfüllten Busse wollen nicht halten, aber nach einer Weile haben wir Glück. Ich quetsche mich in den Bus und Dani hängt draussen an der Stufe. Sie findet das aber lustig. Ist also OK.
So kommen wir erst um halb elf auf die iranische Botschaft und siehe da: Der Zettel aus Teheran ist nicht da. 'Tja, also da kann man nix machen.' Der Mann von der Botschaft schaut in einen Ordner und sagt, dass der Zettel aus Teheran nicht da ist - wir müssen also warten.
Das gibt's doch gar nicht. Das MFA (Aussenministerium) in Teheran hat vor vier Tagen 804545 gemacht und das soll in Delhi nicht angekommen sein? Aber wir können nichts machen, ausser warten - die Kerle sind hinter Panzerglas.
Wir sind nicht sicher was wir tun sollen. Morgen wieder kommen oder ausharren? Warten ob was passiert und weiter nachfragen? Eigentlich unlogisch, aber wir warten ab und fragen gegen Halbeins nochmal am Schalter. Plötzlich ist das Fax aus Teheran da. 804545 darf Visum beantragen. Ob das Fax eben erst rein kam oder nur verbummelt war - wer kann das schon sagen.
Es gibt grausame Geschichten über die Visa Formalitäten für Iran. Die Agenturen schicken schonmal ein Fax an die falsche Botschaft oder in ein verkehrtes Land. Oder die Nationalität des Reisenden ist falsch. Dann wird der Visaantrag abgelehnt und man kann sehen wo man bleibt.
Wir können unsere Visaanträge mit den Pässen abgeben, und bekommen den Zettel mit der Zahlungsaufforderung. Man sagt, damit sei das Visum quasi erteilt und der Rest nur noch eine Formalität.

Auf dem Weg zur Bank entdecken wir das Museum für Naturkunde. Weil wir am Nachmittag kein Programm haben, besuchen wir das Museum (Eintritt frei).
Auf Schaubildern und mit Exponaten wird die Natur erklärt.
Völlig fertig von unserem Ausflug kommen wir zurück zum Nehru Park.

18.03.2009
Mit der berechtigten Hoffnung, heute unser Visum für Iran zu erhalten, fahren wir auf die Botschaft. Wir nehmen uns eine Rikscha um Zeit zu sparen. Das ist tendenziell gefährlicher und teurer als busfahren, aber wir müssen nicht so weit zu Fuß laufen. Auf der Botschaft schieben wir den Schnippel von der Bank durch das Panzerglas und sollen morgen um 9:00 wieder da sein. Das ging ja schnell.
Den angebrochenen Vormittag verbringen wir im staatlichen Kaufhaus für Kunsthandwerk. Mit unseren Einkäufen wollen wir den Nachmittag im indischen Nationalmuseum verbringen.
Wir können das Museum aber nicht besuchen. Ausländer sollen das 30- fache
vom indischen Eintrittspreis bezahlen. Das ist Rekord. Im Grunde ist es aber auch egal. Die im Reiseführer beschriebenen Exponate wecken nicht wirklich unser Interesse an dem Museum. Uns interessiert vielmehr die Art und Weise wie ein Staat sein nationales Erbe präsentiert. Also die Visitenkarte einer Nation. Und das ist schon Ok so. Mehr wollten wir gar nicht wissen.

19.03.2009
Heute verlassen wir also nach drei Wochen im Magirus den Nehru Park. Um 10 Uhr sind wir in der Iranischen Botschaft. Wer nicht da ist, ist der 'Officer', der unser Visum machen soll. Der kommt erst gegen 12 Uhr und arbeitet langsam den Stapel mit Vorgängen ab. Selbstverständlich muss man mit sowas rechnen. Geduld ist unser zweiter Vorname. Ohne Pässe mit eingeklebtem Visum verlassen wir aber nicht das Gebäude. Der Raum ist voller Leute die irgendein Anliegen haben. Die Stimmung ist aber gut. Heute wird viel gelacht, und man lernt eine Menge Leute kennen. Die Klimaanlage läuft, es gibt saubere Toiletten - warum nervös werden? Kurz vor 15 Uhr erhalten wir unsere Pässe mit Visum und wir sind frei. Der Ausgang aus Indien liegt greifbar nah.
Wir verabschieden uns von unseren neuen Bekanntschaften und verlassen New Delhi. Die Fahrt aus der Stadt erweist sich als erstaunlich problemlos. Im vorbeifahren sehen wir noch das rote Fort und sind bald in ländlichem Gebiet unterwegs.
Bei Dämmerung stellen wir uns auf einen LKW Rastplatz mit Restaurant und verdreckten Puderstaub Parkplatz.  Im Restaurant (Essen ist lecker) werden wir gründlich über's Ohr gehauen. Der ganze Dreck macht uns mittlerweile nicht mehr viel aus, denn wir haben eine Perspektive: Morgen kommen wir nach Amritsar und stehen bei Mrs. Bhandari's Guesthouse. Danach verlassen wir das Land.

20.03.2009
Auf dem Weg nach Amritsar treffen wir eine Entscheidung wegen der Reifen. Wir werden in Indien keine neuen Reifen kaufen. Und wir werden auch keine neue Lauffläche mit Pattex aufkleben lassen. (vulkanisieren) Es gibt absolut keine Anzeichen dafür, daß das irgendwie funktionieren könnte.
Darum beschließen wir, daß unsere Reifen noch bis Iran halten werden. Die letzten Kilometer vor Amritsar weden noch mal anstrengend. Die Strasse wird erneuert, was bedeutet, daß sie erst mal viel schlechter wird. Es ist schon dunkel als wir das Guesthouse erreichen. Das Gefühl ist herrlich. Erst jetzt können wir unsere Heimweg - Visa richtig feiern. Ganz sicher waren wir uns bis zum Schluß nicht, daß wir Visa für Pakistan und Iran erhalten. Die Informationen sind so unterschiedlich und wenig ermutigend gewesen. Wir haben von Reisenden gehört, die ihr Auto für viel Geld verschiffen mussten.
Und als sollten wir von allem Dreck und Ärger rein gewaschen werden, geht ein heftiges Gewitter runter. Man könnte das für ein Zeichen halten, wenn man an sowas glaubt.
 
21.03.2009
Rein gewaschen wird auf jeden Fall die Natur. Im Garten von Mrs. Bhandari leuchten die Pfanzen in der Morgensonne. Es ist wirklich schön hier. Um das Gelände steht eine hohe Mauer mit Glasscherben und Stacheldraht, damit es auch so schön bleibt. Es gibt saubere Duschen, ein Restaurant, Internetzugang, einen Selbstbedienungs- kühlschrank mit Bier und Limonade und - einen Swimming Pool.
Der perfekte Platz um den Magirus abzuschmieren und andere Arbeiten zu erledigen. Theoretisch hätten wir das alles auch schon in Delhi erledigen können. Dort war es  aber dreckig und keine Infrastruktur, so daß es keinen Sinn gemacht hätte. Hier ist es wie im Paradies und trotz Arbeit kommt es uns vor wie Urlaub.
Weil wir so gut drauf sind, haben wir gleich noch was Gutes für die Umwelt getan und sind mit der Fahrradrikscha in die Stadt gefahren, statt mit der Motorrikscha.
Als Westler hat man ein leicht beklemmendes Gefühl, wenn man sich von einem hageren alten Mann, der stehend in die Pedalen tritt, transportieren lässt. Fast ist man versucht,  grundsätzlich keine Fahrradrikscha zu nutzen. Der Gedanke ist natürlich absurd, die Menschen leben schließlich davon. Oder wie der Gedanke, Kinderarbeit verhindern zu müssen.  Was nur dazu führt, daß die Kinder ihren Job verlieren und eine noch schlechtere, gefährlichere Arbeit machen müssen. Oder verkauft werden. Wir im Westen denken natürlich, die Kinder würden dann in die Schule gehen...

Ausserdem war gerade keine Motorrikscha zu bekommen. In der Stadt kaufen wir  Geschenke und stocken den Vorrat einiger unserer indischen Lieblingslebensmittel auf. Zurück im Guesthouse machen wir Feierabend.
Im
Restaurant lernen wir einen Deutschen mit Tochter und Geschäftspartner aus Indien kennen. Der indische Geschäftspartner ist gebildet, weit gereist und wohlhabend. Interessant ist, daß er über Indien das gleiche denkt wie die Nichtinder.

22.03.2009
Gewissenhaft arbeiten wir unsere Checkliste ab. Frühjahrsputz im Magirus. Gegen elf Uhr kommen Marion und Ralf, die wir auf der Iranischen Botschaft kennen gelernt haben. Mehr oder weniger haben wir damit gerechnet uns hier wieder zu treffen. Die Beiden sind
seit drei Jahren auf zwei BMW GS in Asien unterwegs und fahren nun in die gleiche Richtung wie wir.
Wir freuen uns, die Botschaftsbekanntschaften wieder zu sehen. Das hält uns vom arbeiten ab und wir tauschen Erfahrungen aus. Mit der Rikscha fahren wir gemeinsam in die Stadt, gehen Pizza essen und Lebensmittel einkaufen. Danach sitzen wir bei Mrs. Bhandari im Garten und quatschen bis spät in die Nacht.

23.03.2009
Unser letzter Tag in Amritsar. Nach dem gemeinsamen Frühstück (Omlette auf Ralf's Benzinkocher) entscheiden wir, nicht mehr den Goldenen Tempel der Sikhs zu besichtigen. Als wir vor über fünf Monaten in Indien eingereist sind, waren wir völlig euphorisch. Den Goldenen Tempel hatten wir um 5 Uhr früh besucht und die Zeremonie wirkte geheimnisvoll und exotisch auf uns. Jetzt haben wir Angst uns dieses Erlebnis zu zerstören, wenn wir am Nachmittag durch Amritsar fahren und die Erinnerung damit entzaubert wird.
Wir gehen lieber schwimmen und machen den Reisebericht für die Homepage fertig.
An unserem letzten Abend in Indien wollen wir Marion und Ralf unsere Indienreise reflektieren. Das wird bestimmt wieder lustig.


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