Teil 11  Kathmandu (NEP) - Varanasi (IND)

  REISEBERICHT  2008     Nepal - Indien

6. - 8.11.2008
Wir nutzen die Zeit zum Pläne schmieden im Campingwagen. Auf der Toilette vom Stellplatz lerne ich einen Polizisten von der 'Traffick Police*' kennen. Er steht auf der Kreuzung vor dem Scoutbuilding und regelt den Verkehr (lächerlich).  Und weil der Verkehr auch ganz gut ohne ihn läuft steht er eine halbe Stunde bei uns am Magirus und quatscht. Zeigt seinen Ausweis, Führerschein und Foto's, bis seine Kollegen ihn auf dem Handy anrufen wo er denn bleibt. Am nächsten Morgen um 9h donnert es an die Eingangstür von unserem Wohnaufbau. Was für ein Lärm. Es ist unser neuer Freund Bala Ram von der 'Traffick Police'. Er will uns den Streifenwagen zeigen, den er fährt. Man kann ihm einfach nicht böse sein wenn er lächelt als ob es das normalste von der Welt wäre. Super, wir freuen uns . Er ist heute wieder vorne auf der Kreuzung. Alles klar, bis später dann.
Am Samstag kommt Bala Ram in Zivilkleidung. Heute hat er dienstfrei, kommt uns aber trotzdem besuchen. Er will uns irgendwas zeigen in Kathmandu. Unser europäisches Gemüt fragt sich: Was will er von uns?
Naja, wir wollen sowieso ins Internet gehen und wenn er möchte kann er gerne mit uns gehen. Wir besichtigen den Water Park mit dem schlafenden Wassergott, gebettet auf Schlangen.
Dann gehen wir ins Internet Cafe. Es ist sooo langsam. Der Horror, hier bei ebay in letzter Sekunde bieten zu wollen, wenn jeder Mausklick zu einer halben Minute warten verdammt.
Auf dem Rückweg zum Auto weiht Bala Ram uns in seine Pläne ein, in Deutschland einen Job zu bekommen. Weil er Deutschland super findet. Als Fahrer oder Security, könnte er arbeiten. Wir sollen dabei helfen. Aha. Wir empfehlen ihm, sich bei der deutschen Botschaft zu erkundigen und dann soll er sich bei uns bei email melden. Zum Abschied umarmt er mich zwei mal, als ob wir dicke Freunde wären.

*Traffick Police = Traffic Police = Verkehrpolizei

9.11.2008
Das Gelände der Nepal Scouts ist für Traveller offiziell geschlossen. Sie schicken aber niemanden fort, wenn er schon mal da ist. Erst recht keine Ausländer. Sie freuen sich auch über eine Spende. 100 Rupies pro Nacht sind OK.
Heute fahren wir weiter und ich möchte den Stellplatz bezahlen. In dem kleinen Shop des Hauptquartiers kann man Souvenirs kaufen. Für 45 Cent kaufe ich Aufnäher, Aufkleber (klebt jetzt am Fahrerhaus), Kuli und Flaschenöffner mit Pfadfinderlilie. Bei der Gelegenheit lerne ich einen Stammesleiter aus der Umgebung kennen. Wir tauschen email Adressen und er zeigt uns das Museum der Pfadfinder.
Bevor wir Kathmandu verlassen besuchen wir Patan, die Dritte der Königsstädte. Die Städte im Kathmandutal sind so zusammengewachsen daß für uns alles Kathmandu ist. In Patan sind viele Handwerksbetriebe angesiedelt. Es werden unter anderem Statuen aus Metall gefertigt. So ein Bronze- Drachen**  würde uns gefallen. Das Angebot entspricht aber nicht unseren Vorstellungen.
So verlassen wir Kathmandu auf der dicken roten Strasse. Die dicke rote Strasse biegt irgendwann links ab, wird einspurig und führt steil bergauf. Weil alle anderen LKW aber geradeaus fahren, fühlen wir uns falsch und kehren um. Erst nach etlichen Kilometern wird eindeutig, daß wir richtig waren. Der ganze Fernverkehr geht nicht über das Gebirge sondern am Fluß entlang, logisch. Wieder einmal ist unsere Landkarte falsch. Wieder kehren wir um und auf der kleinen Bergstrasse öffnen sich wieder wunderbare Ausblicke auf die Himalaya Gipfel. Wir finden, das sind die besten Aussichten bisher. Besser als Sarankot oder Nagarkot, wo wir tagelang gestanden hatten. Über einem Dorf, das gerade ein Fest feiert, finden wir einen unserer bewährten Kurvenstellplätze. Ein paar besoffene Jugendliche sammeln sich um den Magirus. Als ich sie begrüße fragen sie höflich was für ein Problem wir haben. "Kein Problem" sage ich. Damit sind sie zufrieden und ziehen später weiter.

**Drachen = Echsenartiges geflügeltes Fabelwesen

10.11.2008
Das geniale an den
Kurvenstellplätzen ist der eingebaute Wecker. Ab Tagesanbruch fahren die LKW und müssen vor jeder Kurve natürlich hupen. So verpasst man nie den Sonnenaufgang. Auf der tollen und empfehlenswerten Bergstrasse kommen wir nach Hetauda, kaufen Wasser und vier Flaschen Tuborg Strong (Fehler). Hinter Amlekhani biegt man links auf den Highway Richtung Osten ab. Wir wollen Nepal nach Osten verlassen um Darjiling zu besuchen. Dort wollen wir uns die Genehmiging für Sikkim holen. Sikkim ist ein altes Königreich im Himalaya und erst seit 1975 Teil von Indien. Die Strasse ist wieder sehr gut und der Verkehr ist angenehm, wie schon zu Anfang unseres Besuchs in Nepal. Zur Nacht fahren wir in ein trockenes Flußbett und stehen auf gutem Kiesboden direkt am Ufer. Nur drei Meter zum Urwald. Ich schlage einen Spaziergang im Wald vor, aber Dani hat keine Lust. (Gott sei Dank)

11.11.2008 (Äla)
Gleich früh am Morgen auf dem Weg zum Bad (ca. 40cm) sehe ich aus dem Fenster und im Wald läuft ein Reh am Magirus vorbei. Bis ich die Kamera eingeschaltet habe ist das Reh weg, schade. Später, nach dem Frühstück, kommen die Affen und wir beobachten sie fast eine Stunde ganz leise aus dem Magirus Fenster heraus. Die Affen haben schwarze Gesichter mit einen Kranz aus weißem Fell. In jedem vom uns steck ja ein kleiner Grzimek.
Weiter geht es auf dem Highway in Richtung Osten. Der Urwald weicht jetzt Ackerland. Auch die Menschen sehen etwas anders aus. In Nepal leben viele verschiedene Ethnien. Nepal hat auch eine ausgeprägte Streikkultur. Dabei wird meist einfach die Strasse gesperrt und es rollt kein Verkehr mehr im Land, bedenkt man daß es in Nepal nur eine einzige Strasse in Ost-West Richtung gibt. Es wird von Streiks berichtet die einige Stunden, bis hin zu mehreren Tagen dauern. Kurz vor einer Ortschaft  sehen wir einen brennenden Baum auf einer Brücke liegen. Wir kommen zwar dran vorbei und denken uns auch nichts Großartiges bei dem Geländewagen mit Polizisten auf der Ladefläche, die mit Helmen und Schutzschildern ausgestattet sind. Vor der nächsten Ortschaft stehen drei Mauern (!) auf der Gegenfahrbahn. So breit wie die Fahrbahn und einen Meter hoch. Wer macht sowas? Der Bürgerkrieg ist doch vorbei, oder? Von weitem sehe ich schon eine bunte Menschenmenge auf der Strasse. Es ist eine Gruppe Frauen mit Bambus Stöcken in den Händen. Sie sehen nicht freundlich aus und gehen sogar drohend und schimpfend auf den Magirus zu. Ein junger Mann klettert zum Fahrerfenster rauf und erklärt mit ernster Miene daß hier gestreikt wird, sie sind unzufrieden mit der Regierung und es würde so drei vier Stunden dauern.  "OK, aber wir sind nicht von der Regierung, wir sind nur Touristen" sage ich. Auf der Beifahrerinnenseite geht eine ältere Frau mit dem Bambusstock auf Dani zu, wird aber sofort von anderen Frauen zurück gehalten. Dani faltet die Hände und sagt: "Namaste" (Hallo oder Tschüß) Das ist natürlich ein mieser Trick, denn dann müßen alle Frauen die Hände falten und "Namaste" sagen. Und lächeln sowieso. Dann fragt Dani ob sie ein paar Fotos machen darf? Klar wollen sich alle fotografieren lassen.
Mittlerweile hat man beschlossen daß wir weiter fahren dürfen. Das lass ich mir nicht zwei mal sagen und fahre um den brennenden Baumstamm herum. Dani: "Och schade, ich wollte noch ein paar Fotos machen."
Wir fanden das eher lustig als bedrohlich. Touristen werden in Nepal gut behandelt. Am Ortsausgang aber stehen drei Reisebusse mit eingeworfenen Fensterscheiben. Sie machen also schon ernst.
Ab dieser Ortschaft, fällt uns auf, wird die Strasse wesentlich schlechter. Es sind fast keine Autos mehr unterwegs und die Dörfer sind fast menschenleer. In der Tat stellt sich später raus daß der Streik mit der schlechten Qualität der Strasse zu tun hat. Wir überqueren den breiten Koshi River über ein großes Stauwehr. Auf und an den Dämmen rund um den Fluss leben tausende Menschen in behelfsmäßigen Unterkünften. Die Opfer der letzten Flutkatastrophe leben in Zelten und unter Plastikplanen. Unser Weg nach Osten führt über einen dieser Dämme. Doch plötzlich ist die Strasse weg. Vor zwei Monaten hat das Wasser ein Stück vom Damm weg gespült, und damit auch die Strasse. Die Menschen haben sich eine Personenbrücke aus Bambus gebaut. Eine Umleitung gibt es nicht. Wer in den Osten des Landes will, muß über Indien fahren.
So richtig glauben wollen wir das nicht und machen uns auf die Suche nach einem Weg. Dabei überqueren wir einen Damm und werden von unfreundlichen Soldaten angehalten. Wir wollen eigentlich nur nach dem Weg fragen aber die Herren möchten in das Fahrzeug schauen. Richtig englisch spricht keiner von den Männern, die auf Nachfrage weder Polizei noch Militär sein wollen. Nach einigem zögern lasse ich einen Mann in das Auto und der geht zielstrebig zum Bett und öffnet die Reisverschlüße unserer Bettwäsche. Ich bin relativ sprachlos. Als er die Matratze hoch hebt, habe ich genug und mache ihm klar, daß er das Auto verlassen soll. Er meint "No car check - no India." Hä? Wieso India, wir sind doch hier in Nepal. Jedenfalls telefonieren sie dann und nach ein paar Minuten kommt ein Geländewagen mit einem Mann in weißer Zivilkleidung und Pilotensonnenbrille.
Als erstes fragt er mich ob mir klar ist, daß wir uns an einer internationalen Grenze befinden, und zwar auf der indischen Seite. Ist mir nicht klar, woher auch? Naja wegen der ganzen Beschilderung und so weiter. Überhaupt kein einziges Schild hat da gestanden, kein Schlagbaum, nicht mal eine indische Flagge.
Ich entschuldige mich daß ich seine Grenzbeamten für eine 'streetgang' gehalten habe, so ein Verhalten aber noch an keiner Grenze der Welt erlebt habe. Es ist eben etwas improvisiert, wegen der Flutkatastrophe. Seit vier Monaten ist er jetzt an dieser Grenze und hat noch nie ein Touristenfahrzeug hier gesehen. Die Einreise nach Indien sei aber kein Problem, es gibt ein Abkommen mit Nepal. Auf keinen Fall dürfen wir so einfach nach Indien einreisen ohne vom Zoll in Nepal das Carnet abstempeln zu lassen. Neben dem Stauwehr gibt es ein paar aus Steinen gebaute Häuser. Dort befindet sich der Zoll von Nepal. Die Männer vom Zoll können oder wollen das Carnet nicht abstempeln. Dafür ist das Zollamt viel zu klein. Wir sollen zurück nach Birganj fahren. Die können abstempeln.
Wir machen uns wieder auf den Weg zurück, wollen aber nicht wahr haben daß unsere Reise nach Darjiling und Sikkim damit ins Wasser fällt. Darum versuchen wir einen Grenzübergang nach Indien zu finden der in unserer Landkarte eingezeichnet ist. Der Übergang ist aber nicht vorhanden und wir verlieren nur Zeit. Mittlerweile ist es stockdunkel und eigentlich wollten wir in der Nacht nicht fahren.
Die Gegend mit den vielen Flutopfern hat aber so einen anarchischen Charakter daß wir lieber noch ein ganzes Stück nach Westen fahren. Immer noch sind wir das einzige zivile Auto auf der Strasse. Vereinzelnd stehen Busse mit eingeworfenen Fensterscheiben am Strassenrand. Einmal kommt uns ein Konvoi mit Polizei und vielleicht einem Dutzend Bussen entgegen. Wir kombinieren daß wir möglicherweise für Streikbrecher gehalten und in der Dunkelheit nicht als Touristen erkannt werden könnten. Keine Lust ohne Windschutzscheibe fahren zu müssen weil ein Streikender uns im Suff die Scheibe einwirft. Es geht aber alles gut und wir stellen uns nach der Ortschaft mit den drei Mauern an eine beleuchtete Tankstelle.
Leider essen wir noch je vier frittierte Teigtaschen mit Gemüsefüllung und uns wird schlecht.

12.11.2008
Ohne Frühstück fahren wir weiter nach Westen. Darjiling und Sikkim haben wir abgeschrieben. Dafür reicht die Zeit nicht mehr. Ausserdem wäre das eine sinnlose Zickzack Fahrt.
Der Highway ist wie gewohnt zügig zu befahren. Bis plötzlich der Motor an Leistung verliert. Sowas kennen wir vom Deutz gar nicht. Ausser der Diesel ist alle und das wird hier wohl der Fall sein. Es wundert mich etwas, daß wir uns so verkalkuliert haben. Die Tankuhr zeigt nicht richtig an, ist also keine große Hilfe. Der linke Tank ist auch schon leer gefahren. Zumindest so weit daß er Luft gezogen hat. Wir kippen zwei Kanister Motoröl in den Tank um leere Behälter zu haben. Dann öffne ich die Ablassschraube vom 'leeren' linken Tank und wir füllen den Diesel in den rechten Tank. Nach der Aktion springt der Deutzmotor an, hat aber weiterhin keine Leistung. Was nun?
Dann ist der Filter verstopft, sonst gibt es keine Erklärung. Der Dieselfilter ist schnell gewechselt und der Vorfilter gereinigt. Nach dem entlüften läuft der Motor wie gewohnt. Ein gutes Gefühl. Trotzdem tanken wir nochmal 30 Liter. Sicher ist sicher. Zur Nacht biegen wir von der Strasse ab und fahren einen Kilometer in den Wald. An einem Fluß finden wir wieder mal einen ruhigen Platz.

13.11.2008
Bis zur Grenze ist es nicht mehr weit und der Verkehr wird wesentlich stärker. Alles was in Nepal nicht selbst hergestellt wird, kommt über diese Strasse. Der Fahrbahnbelag ist so grottenschlecht und es staubt so sehr, daß viele Menschen mit Staubmasken tragen. Dani und ich machen uns darüber lustig. Man kann es eigentlich so gar nicht beschreiben. Wir stehen im Zollgebäude und so ein Dreckloch würde man in Europa niemals als Arbeitsplatz akzeptieren. Der Mann der unser Carnet ausfüllt trägt auch eine Staubmaske - im Gebäude. Direkt vor dem Haus fährt ein LKW, der sich wegen den Schlaglöchern mehr auf und ab bewegt als vorwärts. "Schau dir das an! Warum lassen sie es einfach so? Warum bringt das niemand in Ordnung?" "Frag nicht warum."
An der Grenze treffen wir Jon und Alex im Hymer Wohnmobil wieder. Jon ist aus Spanien und auf Weltreise. In Rumänien hat er Alexandra kennengelernt und sie sind schon zusammen durch ganz Afrika gefahren (Respekt). Mit den Hymermobil (Doppelrespekt). Wir haben sie in Kathmandu auf dem Pfadfindergelände kennen gelernt.
Wieder in Indien fahren wir mit dem Paar eine Weile zusammen. Die Strassen im Bundesstaat  Bihar sind so zugeschissen. (Habe eine Weile nach einer passenderen Beschreibung gesucht - es gibt keine) Alle Leute kacken auf die Strasse, die Tiere sowieso. Gut, wenn der Magen etwas aushält. Während wir tanken kaufen die Spanier einen Huhn, daß sie für uns vier zum Abendessen kochen wollen. Gemeinsan gehen wir in den Ort um Gemüse zu kaufen. Beim Gang zum Markt mussen wir aufpassen daß wir in keinen Kothaufen treten, den die Strasse und das Bankett ist total zugeschissen.
Obwohl, für mein ungeschultes Auge, rundherum genug Platz wäre, gehe die Menschen von ihrer Hütte auf die Strasse um ihr Geschäft zu erledigen. Das ist natürlich auch ein Art der Fäkalienentsorgung. Über das Reifenprofil und die Kotflügel des Durchgangsverkehrs. Zum Glück trocknet alles recht schnell und der Magirus riecht nicht so schlimm wie befürchtet.
An einer Reliance Tankstelle bleiben wir zur Nacht. Reliance scheint Pleite zu sein. Jedenfalls haben wir kein Auto je dort tanken sehen. Die Tankstellen sind entweder geschlossen oder haben keine Kunden. Wir essen das Huhn mit Gemüse und später am Abend fällt den Security Leuten ein sie wollen Geld für die Fahrzeuge haben. Jon besticht  mit einer Sonnenbrille und wir haben unsere Ruhe.

14.11.2008
Nach dem gemeinsamen Frühstück fahren wir mit dem spanisch/rumänischen Paar noch bis kurz hinter Motihari und dann trennen sich unsere Wege nach einer Pepsi. Die Beiden fahren nach Patna, wir wollen nach Varanasi.
Der tägliche Kampf um den Asphalt geht weiter. Der Verkehr, immer wieder der Verkehr. Ich habe mich bei Dani schon entschuldigt, daß ich immer wieder am Abend über den Verkehr schimpfe und wir uns über Verkehssituationen vom Tag unterhalten. Es ist aber allgegenwärtig und es beschäftigt uns den ganzen Tag.
Darum steht es auch immer wieder hier im Reisebericht - sorry. Die Strasse nach Gorakhpur wird vierspurig ausgebaut und wird eines Tages wahrscheinlich super sein. In den Ortschaften gilt meist noch das alte Gehumpel durch die Schlaglöcher. Häuser die dem Ausbau im Weg stehen sind zum Teil schon abgerissen, aber nur so weit wie nötig. Man kann in die Zimmer rein schauen.
Die Fahrbahn ist gar nicht so schlecht, nur der Verkehr ist wieder so irre. Nicht nur die Fahrzeuge, auch die Fußgänger und Tiere sind so blöd. Menschen laufen zu dritt nebeneinander auf der Fahrspur und sind völlig überrascht wenn ein Auto naht. Kommt ja nur alle paar Sekunden vor. Kann man ja mal vergessen. Tiere suchen nach Nahrung auf der Strasse, muß man verstehen. Kühe haben einen Wahrnehmungsbereich von einem halben Meter, sind aber wenigstens berechenbar. Hunde springen normalerweise im letzten Moment weg und ich habe mich darauf verlassen. Leider habe ich trotzdem heute einen Hund tot gefahren. Er ist seelenruhig vor den Reifen getrottet als wäre es Selbstmord.
Am Abend kommen wir in eine Gegend die sehr ärmlich wirkt. Durch Staub, Abgase und den Rauch der Feuer kann man kaum weit sehen und die Augen brennen. Es wird dunkel bis wir einen Platz an der ESSAR Tankstelle finden. Der Chef heißt uns willkommen und wir dürfen die Toiletten benutzen. Der Generator für den Strom läuft Tag und Nacht.
Wir kochen Reis im Magirus und beten für den Hund, die arme Kreatur.

15.11.2008
Wegen Mücken und Lärm haben wir schlecht geschlafen. Erst gegen Morgen sind wir beide fest eingeschlafen so ist es schon Mittag bis wir abreisefertig sind. Damit die Tankstelle auch was von uns hat, tanken wir 100 Liter und sind zurück beim Kampf um den Asphalt...
In
Gorakhpur biegen wir links ab Richtung Varanasi. Unterwegs kaufen wir Wasser und Tomaten. Zum kochen, trinken und Zähne putzen nehmen wir nur noch Wasser aus versiegelten Flaschen. Beim Essen kaufen am Strassenrand sind wir mutiger. Bis jetzt ist es gut gegangen. An seiner rollenden Imbissbude verkauft ein Mann Snacks aus der Pfanne mit Kichererbsen und Kartoffeln. Wir probieren zwei Portionen und er will kein Geld dafür nehmen. Es schmeckt super und unsere Geschmacksnerven halten die Gewürze locker aus. Schwitzen tun wir dabei aber schon.
Genau zur Stellplatzsuchzeit kommen wir an ein Hotel. Es sieht verhältnismäßg ordentlich aus. Für 100 Rs können wir auf dem Parkplatz stehen und dürfen die Toiletten benutzen.
Natürlich schlafen wir im Auto und nicht im Hotelzimmer und bräuchten eigentlich kein Hotel. Es geht nur um eine wenig mehr Ruhe und die Illusion von Sicherheit hinter verschlossenem Tor. Und es kostet auch nicht die Welt.

16.11.2008
Nach dem Frühstück gehe ich mit dem Fäkalientank durch die Empfangshalle um sie in der Gästetoilette zu entleeren. Man stelle sich das mal im Krefelder Hof vor.
Nur noch 150 Klometer bis Varanasi. An einer Fernfahrerraststätte essen wir zu Mittag.
In Varanasi finden wir ganz leicht das Hotel des Paris im Stadtteil Cantonment. Ein Lob auf Amerika! Die Idee Sateliten um die Erde zu schicken, damit wir uns hier unten zurecht finden ist einfach genial. Das Hotel des Paris hat schon bessere Zeiten erlebt. Vielleicht  vor 80 Jahren. Der Garten ist schön, groß und gepfegt. Für 400 Rs können wir parken und die Duschen in einem der verdreckten Zimmer nutzen.
Gleich nach dem einparken werden wir angesprochen, ob wir unser Auto waschen lassen wollen. Wir sind einverstanden. Setzen uns in den Garten und kontrollieren die Autowäsche auf dem Hotelparkplatz. Das Wasser kommt vermutlich aus dem heiligen Ganges und der Magirus hat damit wieder sein Karma verbessert. Jetzt kann uns wirklich nichts mehr passieren.
Gegenüber vom Hotel hat eine Shopping Mall eröffnet. Die Netzhäute unserer Augen werden beinahe verätzt von dem Neonlicht und der übertriebenen Vodafon Werbung. Die Mall ist wie von einem anderen Planeten. Marmor, Glitzer und der selbe Kram zu kaufen wie in Dubai oder in Oberhausen. Auch zu den gleichen Preisen. Ein Jeans Hose für 50 Euro in Indien? Das ist pervers.
Cantonment gehört zu den besseren Gegenden in Varanasi. Die Belästigung mit Schleppern und Bettlern ist entsprechend hoch. Dani hat raus gefunden wie man Kinder los wird. Wer nach einer halben Minute immer noch nicht sagen kann wofür er die Rupien braucht die wir geben sollen oder was wir dafür bekommen, wird einfach weg geschubst. Nur ganz leicht, das reicht schon. Morgen werden wir testen wie weit man bei Jungendlichen und Erwachsenen gehen kann. Ich wette es klappt.
SMS nach Deutschland schicken geht wieder und wir genießen die kalte Dusche im Dreckzimmer.

17.11.2008
Ganz langsam richten wir uns auf den Besuch der Stadt ein. Varanasi ist die heiligste Stadt der Hindus. So wie Mekka oder Jerusalum für uns. Für Hindus ist es das Größte, zu sterben und dann hier am Ganges verbrannt zu werden. Im Reiseführer steht, wer in Varanasi zurecht kommt, kommt überall zurecht. Entsprechend haben wir Respekt vor dem Besuch. Die Verbrennungen am Ganges, der verschmutze Fluß und der Dreck in der Stadt soll so heftig sein wie nirgendwo anders. Daher gilt Varanasi auch alls die indischste aller Städte.
Gut gerüstet verlassen wir das Hotel und stehen nach 80 Metern in einer Traube von 7 Rikscha- und Taxifahrern die uns alle unbedingt irgendwohin fahren wollen. So geht das nicht. Wir können nicht den ganzen Tag "NO! NO! NO!" schreien und wie die Hühner rum laufen. Wir drehen einfach den Spieß um und reden mit den Fahrern als ob wir extra wegen ihnen her gekommen sind. Wir haben keine Eile und erklären ausführlich warum es für uns so wichtig ist zu Fuss zu gehen. Darauf haben sie keine Lust und lassen uns gehen, ein Fahrer erklärt uns aber noch den Weg.
Ein Mann mit Fahrradrikscha folgt uns und wir quatschen und quatschen. Für 10 Rupies will er uns bis in die Altstadt fahren. Das ist besser als laufen. Wir vereinbaren, daß er kein Geld bekommt, wenn er uns irgendwo anders hin fährt als zum vereinbarten Ziel. Die Rikschas in Varanasi sollen unheimlich dreist sein, sagt der Reiseführer. Also wir in der Fahrradrikscha. Hatten wir eigentich nicht vor gehabt. Die sehen aus der Magirusperspektve so zerbrechlich aus, und wir fühlen uns auch eher unwohl im Verkehr. Natürlich fährt er uns in eine Fabrik wo Seide hergestellt wird. "Wir steigen aus und er bekommt kein Geld" schreien wir. Er wendet und ich rufe alle 5 Sekunden "Gadanlia" damit er das Ziel nicht vergisst. Einmal landen wir noch an einem Geschäft. Wir steigen aus und gehen ein Stück weg. Er lenkt ein und fährt uns danach wirklich nach Gadanlia (Verkehrskreisel).
Natürlich reichen jetzt 10 Rs auf keinen Fall. Er ist immerhin 7 Kilometer gestrampelt. Mehr als 10 gibt's nicht, wie vereinbart. Er nimmt das Geld, beschimpft uns aber als 'schlechte Menschen'. Eigenartig, aber ich fühle mich dabei eher gut als schlecht. Bei dem Streit ging es um 14 Eurocent.
Vor zwei Tagen haben wir die Brückenmaut von 25 auf 15 Rs runter gehandelt. Bei der nächsten Schranke nur gebrüllt sie sollen das Ding hoch machen. Und es klappt. Es geht nicht um die Beträge, sondern um das Prinzip. Wir fühlen uns einfach nicht gut wenn wir zu viel zahlen sollen. Sie sind so dreist.
Wir fühlen uns auch OK wenn wir verlumpte Kinder mit "Give me 10 Rupies" anbetteln. Das ist eigentlich deren Text. Aber es funktioniert. Wir bekommen natürlich kein Geld, aber sie lassen uns in Ruhe.

Wir gehen zum Ganges und sehen die Ghats***. Dann laufen wir durch die verwinkelten Gassen der Altstadt und kaufen ein. Einen chemisch/elektrischen Miskitokiller. Eine Indienlandkarte die in einem Restaurant an der Wand hing, und drei Hosen für Dani. In der Stadt ist es dreckig bis zum Anschlag. Und es riecht nach Fäkalien. Ein junger Mann erklärt uns wie gesund das Wasser aus dem Ganges ist. Denn es kommt vom Himalaya und die Wirkstoffe der Heilkräuter werden mit her gespült. Der Müll, toten Tiere, Fäkalien und Leichenreste, die im Fluß schwimmen spielen keine Rolle. Das ist nur am Ufer, in der Mitte vom Fluß ist es völlig sauber.
Am späten Nachmittag besuchen wir eine der Verbrennungsstätten. Fotografieren ist extrem streng verboten, aus Respekt vor den Toten. Wer erwischt wird muß sich frei kaufen. Oder man kauft vorher ein 'Special Permit'.
Die Zeremonie vor der Verbrennung geht sehr zügig. Die Leichen werden durch die verwinkelten Gassen auf Bambus Gestellen zum Fluss getragen. Die Toten sind meist in goldene Tücher gewickelt, die aber nicht mit verbrannt werden. Wie schon in Pashupati Nath, Nepal wirken auch hier die Verbrennung nicht abstoßend auf uns. Das Verhalten der Menschen scheint so als ob alles ganz normale Arbeit wären. Holz spalten, aufschichten, Bamgusgestell rumtragen, Strohbüschel anzünden. Dann über Stunden die Feuer schüren bis der Haufen zu Asche verbrannt ist. Der Rest kommt in den Ganges.

Für den Rückweg zum Hotel gönnen wir uns eine Motorrikscha. Wir fragen zwar nach dem Fahrpreis, sind aber zu müde zum handeln. So haben wir sicher 20 Cent verschenkt.
Wir toppen unsere Verschwendungssucht mit einem Besuch bei Pizza Hut in der Glitzerwelt, gegenüber unseres Hotels.

***Ghats: Stufenartige Uferbefestigungen, die sich kilometerlang am Fluss entlangziehen. An der einen Seite baden die Gläubigen im heiligen Fluss und wenige Meter weiter werden die Leichen der Verstorbenen verbrannt.


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